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§ 61 Umfang und Durchführung der Mitbestimmung |
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(1) Maßnahmen, die der Mitbestimmung des Personalrates unterliegen, bedürfen seiner Zustimmung.
(2) Der Erlass von Rechtsvorschriften, allgemeinen Regelungen oder Organisationsentscheidungen durch den Ministerpräsidenten oder die Landesregierung insgesamt sowie Weisungen an Beschäftigte zur Regelung der Erledigung dienstlicher Obliegenheiten unterliegen nicht der Mitbestimmung. Dasselbe gilt, soweit die Angelegenheit durch Gesetz oder Tarifvertrag abschließend geregelt ist.
(3) Die Dienststelle unterrichtet den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme und beantragt seine Zustimmung. Soweit erforderlich, erörtert sie die beabsichtigte Maßnahme mit ihm. Der Beschluss des Personalrates ist der Dienststelle innerhalb von zwei Wochen mitzuteilen. In dringenden Fällen kann die Dienststelle diese Frist auf eine Woche abkürzen. Dienststelle und Personalrat können im Einzelfall andere Fristen vereinbaren. Die Frist verlängert sich in den Fällen des § 37 entsprechend. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag dem Vorsitzenden des Personalrates oder seiner Vertretung zugeht. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Personalrat sie nicht innerhalb der Frist schriftlich unter Angabe der Gründe verweigert.
(4) Der Personalrat kann eine Maßnahme, die seiner Mitbestimmung unterliegt, schriftlich bei der Dienststelle beantragen. Diese gibt dem Personalrat innerhalb von vier Wochen nach Eingang schriftlich bekannt, ob sie dem Antrag entsprechen will. Äußert sich die Dienststelle innerhalb dieser Frist nicht, gilt ihre Zustimmung als erteilt. Eine ablehnende Stellungnahme ist zu begründen. Der Antrag darf nicht auf eine personelle Einzelmaßnahme abzielen.
(5) Die Dienststelle kann bei Maßnahmen, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden, bis zur endgültigen Entscheidung vorläufige Regelungen treffen. Sie hat dem Personalrat die vorläufige Regelung mitzuteilen, sie zu begründen und unverzüglich das Mitbestimmungsverfahren einzuleiten oder fortzuführen. |
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Kommentierung durch persVG.de |
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Erläuterung:
Absatz 1
Absatz 1 beschreibt den Grundsatz, dass Maßnahmen, die der Mitbestimmung unterliegen, der Zustimmung des Personalrats bedürfen. Eine Maßnahme ist jede Handlung oder Entscheidung, die die Dienststellenleitung in eigener Zuständigkeit trifft. Vorbereitende Handlungen sind noch keine Maßnahme im Sinne des Gesetzes, sondern es muss der Rechtsstand der Beschäftigten oder eines einzelnen Beschäftigten berührt sein (BVerwG vom 18.12.1996 - 6 P 6.94; PersR 97, 210). Eine Maßnahme liegt auch vor, wenn die Dienststellenleitung lediglich normvollziehend tätig wird, weil ein Gesetz oder Tarifvertrag keinen Spielraum lässt (BVerwG vom 12.8.2002 - 6 P 17/01; PersR 02,473). Zum Beispiel bei der Eingruppierung, § 67 Abs. 1 Nr. 1, beschränkt sich die Mitbestimmung auf die Kontrolle der Richtigkeit des Normvollzugs. Die Maßnahmen, die der Mitbestimmung unterliegen, werden abschließend in den §§ 65,66,67, 69 ausgeführt. Liegt bei einer Maßnahme die erforderliche Zustimmung des Personalrates nicht vor oder ist die fehlende Zustimmung nicht entsprechend § 62 ersetzt worden, sind die vorgenommenen Handlungen grundsätzlich rechtsunwirksam (BAG v. 16.9.1986 - GS 1/82 -; AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972), soweit die Durchführung der Maßnahme den Arbeitnehmer belasten. Im Übrigen muss nach dem Grundsatz entschieden werden, dass der Arbeitgeber keinen Rechtsvorteil aus einem Verstoß gegen Mitbestimmungsrechte erwachsen darf. Verwaltungsakte im Bereich des Beamtenrechts sind grundsätzlich auch dann wirksam, wenn sie rechtswidrig zustande gekommen sind. Allerdings sind sie dann anfechtbar. Die beamtenrechtliche Ernennung ist nach h.M. nicht anfechtbar, weil die Sonderregelung zur Nichtigkeit und Rücknahme der Ernennung abschließend im Beamtenrecht geregelt ist.
Absatz 2
Absatz 2 beschreibt eine Ausnahme von Absatz 1. § 61 Abs. 2 zeichnet die verfassungsrechtlichen Grenzen der Mitbestimmung nach (OVG LSA vom 25.4.2001 - 5 L 7/00 -; PersR 02, 483; OVG LSA vom 30.7.2003 - 5 L 6/02 -; PersR 03, 506) Auch wenn eine Maßnahme gem. den §§ 65 ff mitbestimmungspflichtig ist, entfällt die Mitbestimmung im Ausnahmefall. Nicht der Mitbestimmung unterfallen demnach der Erlass von Rechtsvorschriften, allgemeinen Regelung und Organisationsentscheidungen des Ministerpräsidenten oder der Landesregierung insgesamt. Unter Rechtsvorschriften sind z.B. Verordnungen zu verstehen, die Gesetze im materiellen Sinne sind. Darunter fällt beispielsweise die Laufbahnverordnung. Unter einer Rechtsvorschrift ist eine Regelung zu verstehen, die eine unbestimmte Zahl von Einzelfällen betrifft und unmittelbar Wirkung entfaltet. Der Begriff der allgemeinen Regelung ist sehr weit gefasst. Im Umkehrschluss können allgemeine Regelungen nicht die Entscheidung in Einzelfällen umfassen. Somit können in den Mitbestimmungsfällen der §§ 66, 67 keine allgemeine Regelung die Mitbestimmung bei der konkreten Einzelmaßnahme ersetzen. Allgemeine Regelungen können zu Sozialeinrichtungen oder auch zu Beförderungsgrundsätzen ergehen. Organisationsentscheidungen sind die in § 69 aufgeführten Fälle. Sobald die Landesregierung, dass ist der Ministerpräsident und die Gesamtheit der Minister, eine Entscheidung an sich zieht, entfällt die Mitbestimmung. Besonders gravierend ist dies bei der Auflösung von Dienststellen, § 69 Nr. 8. Das OVG LSA (aaO) schließt bei einer Entscheidung der Landesregierung auch die Mitbestimmung bei der Umsetzung von Folgemaßnahmen aus, auch wenn dafür nicht die Landesregierung, sondern das Ressortministerium zuständig ist. Dies ist zu weitgehend, wenn und soweit die Entscheidung der Landesregierung nicht abschließend ist, sondern dem Fachressort einen eigenen Entscheidungsspielraum zur Umsetzung belässt.
Des Weiteren unterliegen Weisungen an Beschäftigte zur Erledigung dienstlicher Obliegenheiten nicht der Mitbestimmung. Dies unterfällt abschließend dem Direktionsrecht des Arbeitgebers/Dienstherrn. Derartige Weisungen finden sich aber auch nicht im Mitbestimmungskatalog des Gesetzes.
Schließlich entfällt die Mitbestimmung, soweit eine Angelegenheit abschließend durch Gesetz oder Tarifvertrag geregelt ist. Setzt die Dienststellenleitung ein Gesetz oder einen Tarifvertrag um, ohne eine eigenen Entscheidungsspielraum zu haben, so bleibt für die Mitbestimmung kein Raum. Dieser Gesetzes- und Tarifvorbehalt gilt nicht für die Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen. Das ergibt sich aus dem Vergleich der Eingangssätze der §§ 65, 69 ("soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht") einerseits, der §§ 66, 67 andererseits.
Absatz 3
Das Mitbestimmungsverfahren wird eingeleitet durch die Unterrichtung des Personalrats und den Antrag auf Zustimmung. Die Anforderungen an die Unterrichtung legt § 57 Abs. 2 fest. Danach ist der Personalrat rechtzeitig und umfassend zu unterrichten, ohne gesonderten Antrag des Personalrats hat die Dienststellenleitung alle erforderlichen Unterlagen frühzeitig vorzulegen (vgl. § 57 Rz.). Erst wenn die Dienststelle diese Anforderungen erfüllt hat, liegt eine ordnungsgemäße Einleitung vor, die die Zwei-Wochen-Frist des Satzes 3 auslöst.
Für den Antrag auf Zustimmung ist keine besondere Form vorgeschrieben. Er kann auch mündlich erfolgen, aus Beweissicherungsgründen empfiehlt sich aber die Schriftform. Der Antrag ist grundsätzlich dem Vorsitzenden des Personalrats zuzuleiten, denn dieser vertritt gem. § 31 Abs. 2 den Personalrat.
Zu einer Erörterung der beabsichtigten Maßnahme ist die Dienststellenleitung nur verpflichtet, wenn sie erforderlich ist. Die Erforderlichkeit ist aus Sicht des Personalrats zu beurteilen. Daraus folgt, dass der Personalrat die Erörterung gegenüber der Dienststelle zu verlangen hat. Die Erörterung führt nicht zu einer Verlängerung von Fristen.
Der Personalrat hat seine Entscheidung innerhalb von zwei Wochen der Dienststelle mitzuteilen. Auf die Berechnung der Fristen sind die §§ 187 ff. BGB anzuwenden. Erfolgt die Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens an einem Dienstag, endet die Frist am Dienstag der übernächsten Woche. Grundsätzlich ist die Dienststellenleitung gehindert, die Maßnahme durchzuführen, wenn der Personalrat nicht innerhalb der Frist die Zustimmung mitteilt. Damit eine Nichtäußerung des Personalrats nicht als Zustimmungsverweigerung gewertet wird, bestimmt Satz 7 die Zustimmungsfiktion, wenn der Personalrat nicht innerhalb der zwei Wochen die Zustimmung schriftlich unter Angabe der Gründe verweigert. Schriftform bedeutet, dass die Urkunde vom Vorsitzenden des Personalrats eigenhändig unterzeichnet sein muss. Die Gründe der Zustimmungsverweigerung sind konkret zu benennen. Dabei ist der Personalrat nicht auf einen bestimmten Katalog von Zustimmungsverweigerungsgründen beschränkt. Das PersVG LSA enthält keine dem § 77 Abs. 2 BPersVG entsprechende Regelung, deshalb kann die Ablehnung sich inhaltlich auf jeden sachlichen Grund stützen, der in dem Aufgaben- und Pflichtenkreis des Personalrats eine Grundlage findet (OVG LSA vom 27. Oktober 2004 - 5 L 12/03, PersR 2005, 193; BVerwG, Beschl. v. 27.9.1993 - 6 P 4.93 -, PersV 94, 106.; Fischer/Goeres, a. a. O., K § 69 Rdnr. 12 e). Lediglich Gründe, die keinen Bezug zu den Aufgaben des Personalrats haben, führen zu einer Unbeachtlichkeit der Zustimmungsverweigerung mit der weiteren Folge der Zustimmungsfiktion des Satzes 7.
In dringenden Fällen kann die Dienststelle die Zwei-Wochen-Frist auf eine Woche abkürzen, Satz 4. Ob ein dringender Fall vorliegt, entscheidet die Dienststellenleitung allein. Der Grund für die Dringlichkeit ist zu begründen. Nur extreme Ausnahmefälle können zu einer Fristverkürzung führen. Dazu zählt nicht eine schleppende Bearbeitung im Vorfeld des Mitbestimmungsverfahrens. Die Dringlichkeit muss sich aus nicht vorhersehbaren und nicht beeinflussbaren Umständen ergeben (Altvater, § 69 BPersVG, Rz. 34).
Im Fall des § 37, das heißt bei Aussetzung von Beschlüssen des Personalrats oder der Gruppenvertretung für die Dauer von bis zu einer Woche, verlängert sich die Zwei-Wochen-Frist entsprechend. Die Dienststelle ist nach § 37 Abs. 1 Satz 2 von der Aussetzung zu unterrichten.
Ein weiterer Fall der Fristverlängerung ist in § 35 Abs. 4 geregelt. Wenn der Personalrat betroffenen Beschäftigten in Personalangelegenheiten Gelegenheit zur Äußerung gibt, verlängert sich auch die Zwei-Wochen-Frist des Satzes 3 um eine Woche.
Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Personalvertretungsgesetzes vom 17.Juni 2003 (GVBl. 126) ist zur Flexibilisierung der Fristen Satz 5 eingefügt worden. Danach können Dienststelle und Personalrat im Einzelfall andere Fristen vereinbaren. Dabei kann es sich um kürzere oder längere Fristen handeln. Die Einfügung des Satzes 5 zur Flexibilisierung war notwendig, das es sich bei den Fristen des Gesetzes um Ausschlussfristen handelt, die nicht zur Disposition der Parteien steht (Altvater, § 69 BPersVG Rz. 36 m.w.N.). Die Vereinbarung anderer Fristen hat einvernehmlich zu geschehen. Es bedarf daher einer übereinstimmenden Willensäußerung der Dienststelle, als auch des PR. Stillschweigende Zustimmung reicht nicht aus. Fristverkürzungen oder -verlängerungen müssen außerdem innerhalb der genannten Frist vereinbart werden. Für den PR wird regelmäßig ein Beschluss notwendig sein.
Absatz 4
Absatz 4 regelt das Initiativrecht des Personalrats. Da Dienststellenleitung und Personalrat in Angelegenheiten des PersVG LSA gleichberechtigt sind, kann auch der Personalrat eine Maßnahme, die der Mitbestimmung unterliegt, bei der Dienststelle beantragen. Im Gegensatz zum Antrag der Dienststelle nach Abs. 3 Satz 1 muss der Antrag des Personalrats schriftlich erfolgen.
Die Dienststelle hat dem Personalrat innerhalb von vier Wochen bekannt zu geben, ob sie dem Antrag entsprechen will. Lehnt die Dienststelle den Antrag ab, ist das Stufen-/Nichteinigungsverfahren des § 62 eröffnet. Die Ablehnung des Antrags ist zu begründen. Fehlt die Begründung so liegt eine unwirksame Ablehnung vor, die ebenso wie die Nichtäußerung die Zustimmungsfiktion des Satzes 3 herbeiführt. Allerdings kann auch durch die Zustimmungsfiktion keine Maßnahme herbeigeführt werden, die nicht in einem ordnungsgemäßen Verfahren zulässig wäre. So muss sich nach § 62 Abs. 5 Satz 1 auch die Entscheidung der Einigungsstelle im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere des Haushaltsrechts, halten. Durch einen Initiativantrag können also keine Ausgaben verursacht werden, die nicht im Haushalt vorgesehen sind.
Dem Initiativrecht des Personalrats sind personelle Einzelmaßnahmen entzogen, Satz 5. Das sind alle in den §§ 66, 67 genannten Maßnahmen. Das BVerwG hat jüngst dem PR das Recht eingräumt, durch Initiativanträge auch personelle Maßnahmen zugunsten einzelner Beschäftigter zu beantragen (BVerwG, Beschluss v. 24.10.2001 - ZTR 2002, 143). Praktische Relevanz dürfte diese Entscheidung aber im Geltungsbereich des PersVG LSA kaum haben, da in allen personellen Angelegenheiten ohnehin kein Letztentscheidungsrecht der Einigungsstelle besteht.
Der PR kann mit einem Initiativantrag auch den Abschluss einer Dienstvereinbarung beantragen. Dabei sind die in § 70 möglichen Regelungstatbestände zu beachten.
Absatz 5
Die Dienststelle kann nach Abs. 5 vor oder während eines Mitbestimmungsverfahrens eine vorläufige Regelung treffen, wenn die Natur der Sache keinen Aufschub duldet. Eine vorläufige Regelung liegt nur dann vor, wenn dadurch weder tatsächlich noch rechtlich vollendete Tatsachen geschaffen werden (BVerwG vom 20.7.1984 - 6 P 16.83 -, PersR 85, 61). Maßnahmen, die aus ihrer Natur heraus keinen Aufschub dulden, liegen nur dann vor, wenn anderenfalls die Funktionsunfähigkeit der Dienststelle die Folge wäre und die Erfüllung wichtiger Aufgaben beeinträchtigt würde (BVerwG vom 14.3.1989 - 6 P 4.86, PersR 89, 230) oder wenn anderenfalls eine Verjährung von Ansprüchen eintreten würde. Die Dienststelle hat die Unaufschiebbarkeit zu begründen und unverzüglich das Mitbestimmungsverfahren einzuleiten oder fortzuführen.
Das BVerwG (BVerwG Beschluss 20.7.1984) stellt bei der Prüfung der Dringlichkeit der zu treffenden Regelung ausschließlich auf die objektiven Gegebenheiten ab und berücksichtigt nicht, ob die Dringlichkeit Folge vorausgegangener Versäumnisse der Dienststelle ist.
Diese Ansicht kann nicht befriedigen. Über Abs. 5 könnte die Dienststelle auch bei "selbstverschuldeter" Eilbedürftigkeit die Mitbestimmung vorläufig suspendieren und sie so aushebeln (OVG NW Beschluss v. 9.12.1982 - CL 41/81, ZBR 83, 246)
Das OVG LSA hat in seinem Beschluss vom 2.4.2004 - 5 L 11/03; PersV 2004, 349 ff.) festgestellt, dass die Dienststelle die besondere Eilbedürftigkeit der vorläufigen Maßnahme besonders begründen muss. Dazu gehört auch, dass die Dienststelle darlegt, dass der Aufschub der Maßnahme für die Dauer des Einigungsverfahrens zu bedeutsamen Nachteilen für die Aufgabenerfüllung führen kann. |
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