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Gesetzestext |
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§ 65 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten |
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(1) Der Personalrat bestimmt, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mit:
1. Dauer, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen, Festsetzung von Kurzarbeit,
2. Anordnung von Mehrarbeit und Überstunden,
3. aufgehoben
4. Durchführung der Berufsausbildung und Fortbildung,
5. Aufstellung von Förderplänen zur Gleichstellung von Frauen und Männern,
6. Errichtung, Verwaltung und Auflösung von Sozialeinrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform,
7.-10. aufgehoben
11. Bestellung von Vertrauens-, Vertrags- und Betriebsärzten,
12. Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten,
13. Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen,
14. Maßnahmen zur Abwendung, zur Milderung oder zum Ausgleich von besonderen Belastungen, die sich für Beschäftigte aus der Einführung neuer Arbeitsmethoden oder aus sonstigen Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung oder zur Erleichterung des Arbeitsablaufes ergeben.
Satz 1 Nr. 2 gilt nicht, wenn die Notwendigkeit, Mehrarbeit oder Überstunden anzuordnen, nicht vorauszusehen war; der Personalrat ist jedoch unverzüglich zu unterrichten.
(2) Muss für Gruppen von Beschäftigten die tägliche Arbeitszeit nach Erfordernissen, die die Dienststelle nicht voraussehen kann, unregelmäßig und kurzfristig festgesetzt werden, so beschränkt sich die Mitbestimmung auf die Grundsätze für die Aufstellung der Dienstpläne. |
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Kommentierung durch persVG.de |
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Vergleichbare Vorschriften: § 75 BPersVG, § 87 BetrVG
Erläuterung:
Absatz 1
1 § 65 regelt die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten. Soziale Angelegenheiten sind alle innerdienstlichen Maßnahmen, die die Arbeitsbedingungen der Beschäftigen im weitesten Sinne betreffen und solche Angelegenheiten, die Auswirkungen auf Leben und Gesundheit der in der Dienststelle Tätigen haben (Ilbertz/Widmaier, § 75 Rn. 29). § 65 ist sozusagen das "Hausgut" des PR, was zudem dadurch zum Ausdruck kommt, dass nach § 70 über die in den Abs. 1 Nr. 1, 2, 4-6 genannten Fragen Dienstvereinbarungen abgeschlossen werden können. In den Fällen des Abs.1 Nrn. 1,4,12-14 entscheidet die Einigungsstelle auch bindend und gibt nicht nur eine Empfehlung ab. In allen anderen Mitbestimmungstatbeständen des § 65 kann die Einigungsstelle im Nichteinigungsfall nur eine Empfehlung beschließen.
2 Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats besteht nach dieser Vorschrift für alle vom Personalrat zu vertretenden Beschäftigten. Die Mitbestimmung steht unter Gesetzes- und Tarifvorbehalt, Der Personalrat hat daher nur mitzubestimmen, soweit nicht eine abschließende gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung Sperrwirkung entfaltet. Dazu gehören alle Gesetze im formellen Sinne, Rechtsverordnungen, autonomes Satzungsrecht öffentlich-rechtlicher Körperschaften wie z.B. die Dienstordnung von Sozialversicherungsträgern (BAG vom 25.5.1982 - 1 AZR 1073/79; AP Nr. 53 zu § 611 BGB Dienstordnungs-Angestellte) und Tarifverträge. Keine Sperrwirkung entfalten Kabinettsbeschlüsse und Erlasse. Diese binden lediglich die Verwaltung intern.
3 Voraussetzung für das Vorliegen einer Sperrwirkung ist danach immer, dass eine gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung einen Mitbestimmungstatbestand unmittelbar, abschließend und erschöpfend regelt und in all seinen Einzelheiten erfasst (BVerwG Beschluss v. 19.5.1992 - PersR 1992, 361 u.v. 17.6.1992 - PersR 1992, 451). Es darf dem Dienststellenleiter zum Vollzug der Maßnahme kein Gestaltungsspielraum mehr verbleiben bzw. keines Vollziehungsaktes mehr bedürfen (BVerwG vom 19.5.92 - 6 P 5.90, PersR 92, 361; zuletzt BVerwG vom 6.10.92 - 6 P 22.90, PersR 93, 75). BAG vom 7.4.92 - 1 AZR 322/91, PersR 92, 420). Besteht allerdings ein noch so kleiner Spielraum und wird dieser genutzt, besteht eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme.
4 Ein Tarifvertrag entfaltet nur Sperrwirkung, wenn die Dienststelle vom Geltungsbereich erfasst ist und der Tarifvertrag gültig ist. Gekündigte Tarifverträge schließen nach Ablauf der Kündigungsfrist die Mitbestimmung nicht aus. Dies gilt auch, wenn der Tarifvertrag eine Regelung nicht trifft, sondern den Arbeitgeber zu einer einseitigen Regelung ermächtigt (BAG vom 13.3.1973 - 1 ABR 16/72 -; AP Nr. 1 zur § 87 BetrVG 1972 Werksmietwohnung. Ebenfalls ist die Mitbestimmung nicht ausgeschlossen, wenn Gesetz und Tarifvertrag die nähere Ausgestaltung den Personalvertretungsorganen ausdrücklich einräumen. Trotz bestehendem Mitbestimmungsrecht kann der Abschluss einer Dienstvereinbarung unzulässig sein. Eine Dienstvereinbarung ist immer dann unzulässig, wenn ein Gegenstand "üblicherweise" durch Tarifvertrag geregelt wird (vgl. § 70)
5 Nr. 1: Der Personalrat bestimmt bei dem Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mit. Zweck der Vorschrift ist die Berücksichtigung der berechtigten Belange der Beschäftigten gegenüber den dienstlichen Erfordernissen (BVerwG vom 12.9.83 - 6 P 1.82, ZBR 84, 78). Der Mitbestimmungstatbestand bezieht sich auf Regelungen für alle Beschäftigten der Dienststelle oder Dienststellenteile, nach objektiven Kriterien abgrenzbare Gruppen von Beschäftigten (BVerwG vom 2.6.1992 - 6 P 14.90 -, PersR 92, 359), auch wenn nur einzelne Beschäftigte betroffen sind (vg. BAG vom 23.11.1993 - 1 ABR 38/93 -, AP Nr. 33 zu § 95 BetrVG 1972; a.A. HessVGH vom 23.9.2000 - 22 TL 4473/98 -, PersR 01, 83) Entscheidend ist immer der kollektive Bezug einer Maßnahme und nicht die Zahl der betroffenen Beschäftigten. Die Mitbestimmung betrifft nicht nur dauerhafte Regelungen, sondern auch Arbeitszeitregelungen zeitlich begrenzte Regelungen wie die Verlegung der Arbeitszeit in der heißen Jahreszeit (vgl. BVerwG vom 9.10.91 - 6 P 12.90, PersR 92, 16).
6 Der Personalrat hat bei der allgemeinen Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit mitzubestimmen. Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen (§ 2 Abs. 1 ArbZG) Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH kommt es nicht auf die Erbringung einer konkreten Arbeitsleistung an, sondern ist z.B. Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit insgesamt als Arbeitszeit anzusehen (EuGH vom 3.10.2000 - AuR 00, 465).
Die Mitbestimmung umfasst auch die Dauer der täglichen Arbeitszeit (BVerwG vom 4.4.85 - 6 P 37.82, PersR 86, 17; Altvater u.a., § 75 BPersVG Rn. 39 f.). Dies betrifft auch Teilzeitbeschäftigte. Die Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist im öffentlichen abschließend durch Gesetz oder Tarifverträge geregelt, so dass für eine Mitbestimmung kein Raum bleibt. Weitere Regelungen zur Arbeitszeit finden sich für Jugendliche in § 8 JArbSchG und für Mütter in § 8 MuSchG.
7 Beispiele: Der Personalrat hat über die Einführung, Änderung oder Abschaffung von Schichtarbeit mitzubestimmen (BAG vom 13.10.87 - 1 ABR 69/86, PersR 88, 75; BVerwG vom 15.2.88 - 6 P 29.85, PersR 88, 130).
Der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt auch die Einführung des Dienstleistungsabends (VG Oldenburg vom 20.10.89 - 8 A 14/89, PersR 89, 338).
Dem Personalrat der Dienststelle steht das Mitbestimmungsrecht zur Festlegung von Beginn und Ende der Arbeitszeit auch für die in der Dienststelle tätigen Leiharbeitnehmer zu (vgl. BAG vom 15.12.92 - 1 ABR 38/92, AiB 93, 316).
Die Mitbestimmung des Personalrats bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit kann auch dann eingreifen, wenn nur ein Teil der täglichen Arbeitszeit geregelt wird. Die Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG schließt eine Mitbestimmung des Personalrats bei der Festlegung des Probenendes in Theatern nicht grundsätzlich aus (BVerwG Beschluss 12.8.2002 - 6 P 17/01).
8 Die Mitbestimmung bezieht sich auch auf die Lage und Aufteilung der Pausen, ansonsten enthält § 4 ArbZG eine abschließende Regelung. Pausen sind im Voraus festgelegte Zeiten der Arbeitsunterbrechung, in denen keine Pflicht zur Arbeitsleistung oder Arbeitsbereitschaft besteht, es dem Arbeitnehmer vielmehr freisteht, wo und wie er diese Zeit verbringt (BAG vom 5.5.88 - 6 AZR 658/85, PersR 89, 23). Das Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Pausen bezieht sich nach allgemeiner Ansicht nur auf die unbezahlten Pausen (BVerwG 6. Senat Beschluss vom 8. Januar 2001, Az: 6 P 6/00). Bei vom Arbeitgeber bezahlten Pausen, so z.B. bei Pausen nach der Bildschirmarbeitsverordnung (§ 5 BildschirmarbeitsVO, kann sich das Mitbestimmungsrecht aus anderen Mitbestimmungstatbeständen (z.B. als Maßnahme zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen, Nr. 13) ergeben (BVerwG a.a.O.).
9 Die Anordnung von Bereitschaftsdienst unterfällt der Mitbestimmung. Bei dem Bereitschaftsdienst haben sich die Beschäftigten auf Anordnung der Dienststellenleitung, ohne Arbeit zu leisten, in der Dienststelle oder an einem anderen von der Dienststellenleitung bestimmten Ort zur jederzeitigen Arbeitsaufnahme zur Verfügung zu halten (BVerwG vom 26.4.88 - 6 P 19.86, PersR 88, 186 m. abl. Anm. Pieper; BAG vom 5.5.88, a.a.O.).
10 Beim Rufbereitschaftsdienst können sich die Beschäftigten demgegenüber an einem beliebigen Ort, den sie der Dienststellenleitung anzuzeigen haben, aufhalten. Eine Mitbestimmung bei dem Rufbereitschaftsdienst hat das BVerwG (BVerwG vom 26.4.88, a.a.O.; anders zu Recht aber HessVGH vom 19.5.87 - 15 S 1353/86, PersR 88, 84 und BAG 21.12.1982) bisher abgelehnt, da es sich dabei weder um Arbeitszeit noch um Dienstbereitschaft handele.
11 Der Mitbestimmung unterfällt auch die Regelung von Arbeitsbereitschaft (BVerwG vom 9.5.85 - 2 C 20.82, ZBR 85, 342).
Bei der Arbeits- und Dienstbereitschaft unterliegt die Festlegung, welche Beschäftigten wann, wie oft, wie lange und in welcher Reihenfolge hierzu herangezogen werden, der Mitbestimmung des Personalrats.
12 Auch die durch die vom Arbeitgeber einheitlich vorformulierten Arbeitsverträge (Formularvertrag) vorgegebene Ausgestaltung von Rufbereitschaftsdiensten in einer Dienststelle ist eine mitbestimmungspflichtige die Dauer des Dienstes beeinflussende allgemeine Regelung im Sinne des PersVG, wenn damit ein Freizeitausgleich für eine etwaige im Zusammenhang mit der Rufbereitschaft angefallene Wegezeit zugelassen wird und wenn die von der Anordnung betroffenen Beschäftigten eine nach objektiven Gesichtspunkten allgemein und umfassend bestimmbare Gruppe sind. (BVerwG 6. Senat Beschluss vom 30. Januar 1996, Az: 6 P 50/93)
13 Außerdem hat der Personalrat bei Fragen der Arbeitszeitsysteme mitzubestimmen. Sowohl die Einführung als auch die Ausgestaltung (Altvater u.a., § 75 BPersVG Rn. 42 m.w.Nw.) der gleitenden Arbeitszeit (vgl. BVerwG vom 9.10.91, a.a.O.; BAG vom 7.8.90 - 1 ABR 58/89, PersR 90, 367) sowie die Rückkehr zur Normalarbeitszeit (anders BVerwG vom 9.10.91 - 6 P 21.89, PersR 92, 20; dagegen BayVGH vom 4.10.89 - 18 P 89.02651, PersR 90, 143) unterliegen damit der Mitbestimmung des Personalrats.
14 Der Personalrat bestimmt mit bei der Festsetzung von Kurzarbeit. Dieser Mitbestimmungstatbestand ist nur sehr eingeschränkt praxisrelevant, da im öffentlichen Dienst zumindest die Voraussetzungen der Kurzarbeit im Sinne des SGB III idR nicht vorliegen.
Im Gegensatz zu § 75 Abs. 1 BPersVG, das kein Mitbestimmungsrecht bei der Festsetzung von Kurzarbeit vorsieht (BAG v. 18.10.1994 - 1 AZR 503/93, PersR 1995, 220), schafft § 65 Abs. 1 Nr. 1 ein Mitbestimmungsrecht nicht nur bei der Ausgestaltung der Kurzarbeit, sondern bei der Frage, ob überhaupt Kurzarbeit eingeführt wird. Insoweit ist es § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG vergleichbar, das ein Mitbestimmungsrecht bei der vorübergehenden Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit vorsieht.
15 Nr. 2: Mitbestimmungspflichtig ist auch die Verlängerung der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit, insbesondere bei Anordnung von Mehrarbeit oder Überstunden. Zweck der Regelung ist der Schutz der Beschäftigten vor Überlastung und unnötiger Einschränkung der Freizeit (OVG NW vom 29.3.90 - CL 15/87, PersR 91, 217; BVerwG vom 6.10.92 - 6 P 25.90, PersR 93, 77), aber auch, die Leistung von Überstunden und Mehrarbeit aus arbeitsmarktpolitischen Gründen einzuschränken (Cecior u.a., § 72 LPVG NW Rn. 361). Beide Gründe sind daher bei einer Zustimmungsverweigerung beachtlich.
16 Mehrarbeit ist die über die gesetzliche regelmäßige Arbeitszeit geleistete Arbeitszeit (vgl. § 3 ff. ArbZG). Überstunden ist die über die aufgrund tarif- (zumeist 38,5 bzw. 40 Stunden) (geschuldete dienstplanmäßig festgelegte wöchentliche Arbeit hinaus geleistete Arbeit. Liegt eine Vereinbarung über einen Arbeitszeitkorridor vom 45 Stunden nach § 6 Abs. 6 TVöD vor, greift der Mitbestimmungsrecht erst, wenn mehr als 46 Stunden gearbeitet werden sollen.
17 Unstreitig hat der Personalrat über die Verteilung von Überstunden mitzubestimmen. Nach der Rechtsprechung des BVerwG hat der Personalrat auch darüber mitzubestimmen, ob Mehrarbeit oder Überstunden angeordnet werden sollen (BVerwG v. 30. Juni 2005 - Az: 6 P 9/04, PersR 2005, 416), nicht nur lediglich bei der Festlegung der Tage und der Tageszeit, zu denen von der Dienststellenleitung angeordnete Mehrarbeit oder Überstunden geleistet werden sollen (so noch BVerwG vom 20.7.84 - 6 P 16.83, PersR 85, 61; BayVGH vom 11.9.91 - 18 P 91.1380, PersR 92, 256; BVerwG Beschluss vom 2. Juni 1992 - 6 P 14/90.). Nach Auffassung des BVerwG hat der Personalrat kein Initiativrecht auf Anordnung von Mehrarbeit und Überstunden, da die Beantragung von Mehrarbeit und Überstunden dem Schutzzweck der Vorschrift zuwiderliefe (BVerwG vom 6.10.92 - 6 P 25.90, PersR 93, 77; anders aber Fitting u.a., § 87 BetrVG Rn. 53; Däubler u.a., Rn. 89 m.w.N. zur Rechtsprechung). Der Auffassung des BVerwG ist zu folgen, obwohl eine erhöhte Arbeitsverdichtung mindestens genauso gesundheitsschädlich wie zeitliche Überarbeit sein kann (vgl. auch von Roettecken, PersR 94, 60). Das Mitbestimmungsrecht besteht auch bei der Anordnung von Mehrarbeit oder Überstunden gegenüber einzelnen Beschäftigten, wenn zumindest noch ein kollektiver Bezug vorliegt (BAG vom 10.6.86 - 1 ABR 61/84, NZA 86, 840; a.A. OVG NW vom 15.4.92 - CL 4/89, PersR 92, 518, ). Dabei setzt eine Überstundenanordnung nicht notwendigerweise voraus, dass die Zahl und die Lage der Überstunden im Voraus festgelegt werden. Es genügt, dass ein Arbeitsauftrag mit der Weisung verbunden ist, ihn innerhalb einer bestimmten Zeit ohne Rücksicht auf die regelmäßige Arbeitszeit auszuführen (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr: Kommentar zum Bundesangestelltentarifvertrag, § 17 Rdnr. 5).
Von daher kann auch in der wissentlichen oder in der widerspruchslosen Duldung bzw. in der zielgerichteten Initiierung zusätzlicher Arbeit eine Überstundenanordnung liegen (VG Magdeburg Urt. v. 11.5.2001). Nicht nur die Anordnung, sondern auch die Duldung von Überstunden (Entgegennahme und Bezahlung) lösen das Mitbestimmungsrecht nach § 65 Abs. 1 Nr. 2 aus, wenn ein kollektiver Tatbestand vorliegt (BAG 1. Senat Beschluss vom 27. November 1990, Az: 1 ABR 77/89, Beschluss vom 10. Juni 1986, Az: 1 ABR 61/84). Dementsprechend kann es auch keine sog. "freiwilligen" Überstunden geben.
18 Nr. 4: Nach Nr. 4 unterfällt die Durchführung der Berufsausbildung und der Fortbildung der Mitbestimmung des Personalrats. Berufsbildung ist der Oberbegriff für Berufsausbildung, berufliche Fortbildung und berufliche Umschulung (vgl. die Begriffsbestimmung in § 1 BBiG). Durch die Berufsausbildung wird die zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit notwendige Grundbildung in einem geordneten Ausbildungsgang vermittelt, die Gegenstand der Abschlussprüfung ist (vgl. § 1 Abs. 2 BBiG).
Nach Abschluss der Grundausbildung ist jede weitere berufsbezogene Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten dagegen berufliche Fort- bzw. Weiterbildung (BVerwG vom 10.2.67 - VII P 6.66, BVerwGE 26, 185), vgl. auch § 1 Abs. 3 BBiG. Sie knüpft an einen bereits vorhandenen Wissensstand an und dient dem beruflichen Fortkommen (VGH BW vom 31.3.92 - 15 S 551/91, PersR 93, 129). Die ärztliche Weiterbildung stellt keine Berufsausbildung dar, da diese mit der Approbation abgeschlossen ist ( BVerwG vom 15.5.91 - 6 P 10.89, PersR 91, 287). Die berufliche Umschulung soll dagegen zu einer anderen beruflichen Tätigkeit befähigen, vgl. § 1 Abs. 4 BBiG.
19 Nur die in der Dienststelle selbst durchgeführte Berufsausbildung ist mitbestimmungspflichtig (Altvater u.a., § 75 BPersVG Rn. 56). Die Mitbestimmung umfasst bspw. die Festlegung der Gruppengrößen und die Zuweisung von Auszubildenden an einen bestimmten Ausbildungsplatz (BVerwG vom 3.11.78 - 6 P 74.78, ZBR 79, 214). Zu beachten bei der Berufsausbildung ist der Vorrang gesetzlicher und tariflicher Regelungen nach Abs. 1. Grundsätzliche Fragen sind beispielsweise bereits in aufgrund des BBiG erlassenen Ausbildungsordnungen, Schulgesetzen oder durch Manteltarifverträge für Auszubildende geregelt. Daneben sind ggf. die Rechte der Jugend- und Auszubildendenvertretung zu beachten.
20 Der Personalrat bestimmt nach dieser Vorschrift bei der Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen mit. Fortbildungsveranstaltungen vertiefen oder erweitern bereits vorhandene Kenntnisse. Dabei unterliegen nicht nur die in der Dienststelle durchgeführten Fortbildungen der Mitbestimmung, sondern auch von externen Anbietern im Auftrag der Dienststelle durchgeführte Maßnahmen. Der Personalrat kann hierbei durch Zustimmungsverweigerung oder aktiv durch sein Initiativrecht auf die gerechte Verteilung von Bildungschancen und die Behandlung der Beschäftigten nach Recht und Billigkeit Einfluss nehmen. Dabei hat er insbesondere auf die Förderung schutzbedürftiger Beschäftigter, die Gleichbehandlung von Frau und Mann und auf eine an sachlichen Gesichtspunkten orientierte Auswahl des Teilnehmerkreises zu achten. Der Personalrat kann über sein Initiativrecht auch die Aufstellung allgemeiner Richtlinien verlangen.
Ob eine Fortbildung angeboten wird, ist allerdings allein Entscheidung der Dienststellenleitung.
21 Nr. 5: Aufstellung von Förderplänen. Förderpläne nach § 20 Abs. 1 Frauenfördergesetz LSA werden von der obersten Dienstbehörde aufgestellt und alle zwei Jahre fortgeschrieben. Sie enthalten für jeweils zwei Jahre verbindliche Zielvorgaben bezogen auf die Erhöhung des Anteils der Frauen bei Einstellungen und Beförderung in den einzelnen Funktionen, Vergütungs- oder Besoldungsgruppen, in denen sie unterrepräsentiert sind. Es sind mehr als die Hälfte der zu besetzenden Stellen innerhalb der Funktionen, Vergütungs- oder Besoldungsgruppen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, zur Besetzung durch Frauen vorzusehen. Dabei sind auch Regelungen durch Dienstvereinbarungen möglich, § 70 Abs. 1 Satz 1 i.V. m. § 65 Abs. 1 Nr. 5.
22 Nr. 6: Nach Nr. 6 sind die Errichtung, Verwaltung und Auflösung von Sozialeinrichtungen mitbestimmungspflichtig. Sozialeinrichtungen in diesem Sinne sind auf Dauer von der Dienststelle geschaffene Einrichtungen, die dazu dienen, den Beschäftigten freiwillig, d.h. nicht aufgrund eines Rechtsanspruchs gewährte Vorteile zukommen zu lassen. Unter Einrichtung ist dabei ein zweckgebundenes Sondervermögen zu verstehen, das errichtet, verwaltet und auch wieder aufgelöst werden kann. (BVerwG vom 16.9.77 - VII P 10.75, PersV 79, 63; BAG vom 15.1.87 - 6 AZR 589/84, DB 87, 2315; Bayerischer VGH Beschluss vom 10. Februar 1993, Az: 17 P 92.3742). Der Vorschrift unterfallen dagegen nicht die Gewährung von Essenszuschüssen (OVG NW vom 27.1.81 - CB 3/80, PersV 83, 287) z.B., wenn der Arbeitgeber allein und ausschließlich die Höhe des von ihm gezahlten Zuschusses zu den Kosten der Essenmarken verringert (BAG 6. Senat Urteil vom 15. Januar 1987, Az: 6 AZR 589/84) und Fahrgeldzuschüssen (OVG NW vom 6.11.85 - CL 21/84, PersR 87, 43). Das Mitbestimmungsrecht besteht ohne Rücksicht auf die Rechtsform (z.B. Anstalt oder Körperschaft des öffentlichen Rechts, e.V., GbR, GmbH oder OHG), in der die Sozialeinrichtung betrieben wird, auch im Hinblick auf rechtlich selbständige oder verpachtete oder nur mitbenutzte Einrichtungen (vgl. Altvater u.a., § 75 BPersVG Rn. 55 m.w.Nw.). Die Mitbestimmung erstreckt sich umfassend auf alle Phasen der Einrichtungsexistenz von der beabsichtigten Gründung bis zur Auflösung.
23 Errichtung ist die Schaffung der Sozialeinrichtung als abgegrenzte Einheit. Die Mitbestimmung erstreckt sich dabei schon auf die Frage, ob, zu welchem Zweck und in welcher Form eine Sozialeinrichtung errichtet werden soll. Unter den Begriff der Verwaltung der Sozialeinrichtung fallen alle Maßnahmen, die sich auf Unterhaltung, und ihren laufenden Betrieb, insbesondere die Leistungen an die Beschäftigten beziehen, sich also als Maßnahmen der "inneren Organisation" darstellen, wozu nicht nur Maßnahmen genereller Art, sondern grundsätzlich auch Einzelmaßnahmen gehören, z.B.: Verkaufszeiten einer Kantine - Änderung in Einzelfällen (OVG Lüneburg Beschluss vom 9. September 1994, Az: 17 L 133/94 )
Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich hierbei auch auf die Preisgestaltung (OVG NW vom 8.3.89 - CL 23/87, PersR 89, 234).
Die Einrichtung einer Sozialeinrichtung kann auch darin bestehen, dass die Dienststelle dem Betreiber von Verkaufsstellen Räume zweckgebunden zur Verfügung stellt, durch das Angebot der Verpachtung als Verkaufsstellen Anlass zu deren Errichtung gibt oder durch eine Begünstigungsklausel im Pachtvertrag eine finanzielle Einbuße hinnimmt und durch die Ausgestaltung des Pachtvertrags Einfluss auf den Betrieb der Verkaufsstellen nimmt. (Pachtvertrag über zwei Lebensmittel-Verkaufsstellen im Bereich des Klinikums einer Universität.) Bayerischer VGH Beschluss vom 10. Februar 1993, Az: 17 P 92.3742
24 Zu der Verwaltung einer Sozialeinrichtung, die der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, gehört es, wenn die Dienststelle die Erfüllung der Aufgaben des angestellten Hausmeisters eines Schwesternwohnheimes einer Fremdfirma (Hausmeisterbetriebsservice) überträgt (Hamburgisches OVG Beschluss vom 11. Juni 2001, Az: 8 Bf 424/00.PVL).
25 Unter Auflösung ist die Aufgabe der bestehenden Einrichtung - auch bei Überführung in eine andere Form - zu verstehen. Eine Auflösung liegt aber nicht vor, wenn die Dienststelle die Zahlung bisher geleisteter Zuschüsse einstellt (BVerwG vom 5.9.86 - 6 P 10.84, PersR 87, 21).
Der Träger der Sozialeinrichtung kann nicht gegen seinen Willen über das Mitbestimmungsrecht zur Erbringung von Leistungen gezwungen werden (OVG NW vom 31.5.88 - CL 11/86, PersV 91, 37).
26 Beispiele für Sozialeinrichtungen sind Betriebsküchen und Kantinen, Betriebskindergärten, Büchereien, Wohnheime, Erholungs- und Ferienheime, Pausen- und Erholungsräume, Einrichtungen zur Gewährung einer zusätzlichen Altersversorgung, Unterstützungs- und Kleiderkassen, mit eigenen Fahrzeugen betriebene Werkverkehrslinien usw.
Die Neuregelung der Nutzung eines Parkhauses kann auch unter den Mitbestimmungstatbestand der Regelungen der Ordnung und des Verhaltens der Beschäftigten in der Dienststelle fallen (Hessischer VGH Beschluss vom 24. Juni 1993, Az: HPV TL 490/92).
Der Umbau eines zu einer Dienststelle gehörenden Personalwohnhauses, durch den die Wohnverhältnisse der darin wohnenden Beschäftigten erheblich verändert werden, unterliegt der Mitbestimmung bei der Errichtung einer Sozialeinrichtung (BVerwG 6. Senat Beschluss vom 24. April 1992, Az: 6 P 33/90) Das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung an einer Sozialeinrichtung wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass diese Einrichtung auch andere Dienststellen und Betriebe erfasst (BVerwG 6. Senat Beschluss vom 15. Dezember 1978, Az: 6 P 10/78) In Bezug auf die Änderung der Nutzung von Parkplätzen - z.B. die Einführung einer Kostenpflicht für das Parken - sind die Mitbestimmungstatbestände des § 65 Abs. 1 Nr. 6 und 12 PersVG LSA erfüllt (Hessischer VGH Beschluss vom 25. September 2003, Az: 22 TL 2300/02).
Mitbestimmungspflichtig ist die Entfernung eines von der Dienststelle finanzierten Kaffeeautomaten (VG Stuttgart Beschluss vom 26. Juli 1999, Az: PL 21 K 11/99).
Der Personalrat hat mitzubestimmen, wenn die bisher übliche Nutzung einer Kantine dadurch eingeschränkt werden soll, dass künftig Jubiläumsfeiern von Arbeitnehmern des Betriebes in der Kantine nicht mehr stattfinden dürfen (BAG 1. Senat Beschluss vom 15. September 1987, Az: 1 ABR 31/86).
Ein Betriebsausflug ist keine Sozialeinrichtung (BAG 1. Senat Beschluss vom 27. Januar 1998, Az: 1 ABR 35/97)
Die Bedeutung des Mitbestimmungstatbestandes ist wegen der Bindung an die haushaltsrechtlichen Vorgaben stark beschränkt.
27 Nr. 11: Hiernach wird ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Bestellung von Vertrauens-, Vertrags oder Betriebsärztinnen und -ärzten begründet. Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei Maßnahmen nach Nr. 11 soll sich nach der Rechtsprechung (VGH BW vom 8.9.92 - 15 S 2058/91, PersR 93, 223; a.A. Fischer/Goeres, § 75 BPersVG Rn. 101; Grabendorff u.a., Rn. 157) nicht auf die Bestellung von Sicherheitsbeauftragten beziehen.
Eine Bestellung liegt vor, wenn die Ärzte durch Arbeitsvertrag oder Ernennung zu Beschäftigten der Dienststelle werden, aber auch, wenn der Arzt aufgrund eines anderen Rechtsverhältnisses für die Dienststelle tätig wird, wie dies bei kleineren Dienststellen regelmäßig der Fall sein wird. Die Bestellung ist nämlich bereits in der reinen Übertragung der Funktion zu sehen (VG Köln vom 9.12.92 - 34 K 2194/92.PVL, PersR 93, 230; Cecior u.a., § 72 LPVG NW Rn. 398). In der Zustimmung zu einer Einstellung eines Betriebsarztes ist gleichzeitig die Zustimmung zur Bestellung zu sehen (Zander, PersR 90, 63). Eine Abberufung liegt vor, wenn die Dienststellenleitung den Bestellten die ihnen übertragenen Aufgaben entzieht. Dies kann durch Entlassung, Kündigung oder Zwangsbeurlaubung geschehen. Die Abberufung ist nach § 67 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. mit § 9 Abs.3 ASiG zustimmungspflichtig.
28 Vertrauensärztinnen und -ärzte sind Ärztinnen und Ärzte, die im Auftrag der Dienststelle hinsichtlich des Gesundheitszustands, der Erkrankungen, Arbeits- und Dienstunfähigkeit oder der Erholungsbedürftigkeit von Beschäftigten oder Bewerberinnen und Bewerbern Untersuchungen durchführen und darüber Feststellungen treffen. Die Bestellung einer Vertrauensärztin bzw. eines Vertrauensarztes ist gesetzlich nicht vorgeschrieben.
29 Betriebsärztinnen und -ärzte sind Ärztinnen und Ärzte, die die Beschäftigten medizinisch betreuen und die Dienststelle arbeitsmedizinisch beraten. Die Bestellung, die Aufgaben und die Zusammenarbeit der Betriebsärztinnen und -ärzte mit dem Personalrat richten sich nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG). Nach § 16 ASiG sind die Grundsätze dieses Gesetzes auch in öffentlichen Verwaltungen anzuwenden. Bereits nach § 67 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. § 9 Abs. 3 ASiG ist die Bestellung und Abberufung von Betriebsärztinnen und - ärzten nicht ohne Zustimmung des Personalrats möglich (vgl. zum ganzen Streich, PersR 90, 57; Elsner, PersR 90, 59; Zander, PersR 90, 63). Die Einrichtung eines gemeinsamen betriebsärztlichen Dienstes für mehrere Dienststellen bedarf der Zustimmung aller betroffenen Personalräte (VG Köln vom 9.12.92, a.a.O.)
30 Die Bestellung, Aufgaben und die Zusammenarbeit der Fachkräfte für Arbeitssicherheit mit dem Personalrat richten sich nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG). Nach § 5 ASiG sind in Dienststellen Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen. Diese Funktion wird regelmäßig von Beschäftigten der Dienststelle neben der normalen Tätigkeit übernommen. Sicherheitsbeauftragte haben die Dienststellenleitung bei der Durchführung des Unfallschutzes zu beraten und zu unterstützen. Außerdem sollen sie das Sicherheitsbewusstsein der Beschäftigten wecken und schärfen.
31 Nr. 12: Nach Nr. 12 besteht ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten. Regelungen der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten sind die Maßnahmen der Dienststellenleitung, die die allgemeine Ordnung in der Dienststelle betreffen oder sich auf das Verhalten der Beschäftigten generell oder im Einzelfall beziehen (Altvater u.a., § 75 BPersVG Rn. 71). Das Mitbestimmungsrecht besteht unabhängig davon, wie viele Beschäftigte davon betroffen sind.
Ausgenommen von der Mitbestimmung sind dagegen nach der Rechtsprechung Einzelanweisungen der Dienststellenleitung, durch die die Beschäftigten zur Erfüllung der individual-arbeitsvertraglichen Pflichten aufgefordert werden. Anweisungen, die die Dienstdurchführung selbst betreffen, sind deshalb mitbestimmungsfrei.
32 Nach Ansicht des BVerwG ist beispielsweise die Anordnung eines absoluten Alkoholverbotes für waffentragende Polizeibeamte nicht mitbestimmungspflichtig (BVerwG vom 11.3.83 - 6 P 25.80, PersV 84, 318; ebenso allgemein OVG NW vom 4.5.87 - CL 20/85, PersR 88, 104). Dagegen hat das BAG entschieden, dass die Anordnung eines absoluten Alkoholverbotes bereits als Maßnahme der Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen der Mitbestimmung unterliegt (BAG vom 23.9.86 - 1 AZR 83/85, PersR 87, 6). Das BVerwG differenziert nunmehr danach, ob durch das Verbot die Dienstausübung unmittelbar geregelt wird. Dies sei nur dann der Fall, wenn sich das Verbot an Beschäftigte richten würde, die im Publikumsverkehr eingesetzt seien oder sicherheitsrelevante Tätigkeiten wie den Umgang mit Gefahrstoffen oder Waffen ausübten (BVerwG vom 5.10.89 - 6 P 7.88, PersR 89, 364). Als mitbestimmungspflichtig hat das BVerwG in dieser Entscheidung aber ein generelles Alkoholverbot in der Dienststelle angesehen. Nach richtiger Auffassung ist dagegen der gesetzlichen Regelung kein Anhaltspunkt für eine Einschränkung und Differenzierung des Mitbestimmungstatbestandes zu entnehmen (ebenso Altvater u.a., § 75 BPersVG Rn. 73; Dietz/Richardi, Rn. 479; Däubler u.a., § 87 BetrVG Rn. 42 ff.).
33 Unstreitig unterfallen folgende Maßnahmen der Mitbestimmung: Erlass von Rauchverboten, Benutzungsregelungen für Büchereien und Kantinen, Regelungen über die Aufbewahrung und Sicherung mitgebrachter Gegenstände, Torkontrollen, Regelungen über die Benutzung der Diensttelefone auch für Privatgespräche, Regelung der Benutzung des behördeneigenen Parkplatzes, Bekleidungsvorschriften (vgl. hierzu BAG vom 1.12.92 - 1 AZR 260/92, AiB 93, 462), Regelungen über Krankmeldungen. Nach BAG Beschluss v. 8.11.1994 unterliegen auch fomalisierte "Krankengespräche" der Mitbestimmung.
34 Nach Ansicht des BVerwG sind Gespräche mit sogenannten Langzeitkranken über deren Gesundheitszustand und die voraussichtliche Wiederaufnahme des Dienstes, die dazu dienen, entweder die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Dienstes, das heißt für die Erfüllung der konkreten dienstlichen Aufgaben (bei erwiesener Dienstfähigkeit), zu schaffen oder sicherzustellen, dass das aktive Dienstverhältnis bei erwiesener Dienstunfähigkeit beendet wird, nicht mitbestimmungspflichtig. Es soll sich hierbei nicht um "klassische Verhaltensregeln", die das Verhalten der Beschäftigten bei ihrer Tätigkeit oder ihr allgemeines Verhalten innerhalb der Dienststelle handeln, da sie keinen unmittelbaren Bezug auf die individuelle Erfüllung der dienstlichen Aufgaben des jeweiligen Beschäftigten, der als krank gemeldet ist, haben (BVerwG 6. Senat Beschluss vom 6. Februar 1991, Az: 6 PB 6/90). Diese Ansicht dürfte überholt sein, da der Arbeitgeber nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zusammen mit dem Personalrat verpflichtet ist, bei Beschäftigten, die über sechs Wochen krank sind, Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements einzuleiten.
35 Die Führung formalisierter Krankengespräche zur Aufklärung eines überdurchschnittlichen Krankenstandes mit einer nach abstrakten Kriterien ermittelten Mehrzahl von Arbeitnehmern ist gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 12 PersVG LSA) mitbestimmungspflichtig. Es geht dabei um das Verhalten der Arbeitnehmer in Bezug auf die betriebliche Ordnung und nicht um das Verhalten bei der Arbeitsleistung selbst (BAG 1. Senat Beschluss vom 8. November 1994, Az: 1 ABR 22/94).
36 Umstritten ist, ob sich das Mitbestimmungsrecht im Hinblick auf das Verhalten der Beschäftigten auch auf Ordnungsstrafen wie Missbilligung oder Abmahnung (Anm.: Abmahnung ist § 67 Abs. 2, von der daher keine Mitbestimmung in LSA) (zur Abmahnung vgl. Krane, PersR 92, 498) bezieht. Das BVerwG (vom 6.2.79 - 6 P 20.78, PersV 80, 421) will die Verhängung von Sanktionen nicht der Mitbestimmung des Personalrats zuordnen. Das BAG (vom 25.5.82 - 1 AZR 1073/79, AP Nr. 53 zu § 611 BGB Dienstordnungsangestellte) ist dagegen der Auffassung, dass die Verhängung einer Buße der Mitbestimmung unterliegt (BAG Beschluss vom 25. Februar 1966 - 4 AZR 179/63).
37 Der Personalrat hat beim Erlass eines allgemeinen Alkoholverbots durch den Leiter der Dienststelle gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG (Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten) jedenfalls dann mitzubestimmen, wenn im Vordergrund die Regelung des allgemeinen Verhaltens der Beschäftigten und der Ordnung in der Dienststelle steht. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Anordnung ersichtlich über die Sicherstellung der Erfüllung konkreter dienstlicher Aufgaben hinaus generell eine Maßnahme gegen jegliche alkoholbedingte Ausfallerscheinungen treffen will und wenn die Beschäftigten der Dienststelle eine allgemeine Verwaltungstätigkeit ohne Besonderheiten ausüben (BVerwG 6. Senat Beschluss vom 5. Oktober 1989, Az: 6 P 7/88).
38 Mitbestimmungspflichtig ist auch das Verbot des Radiohörens in der Dienststelle. Das Verbot des Beteiligten, während der Dienstzeit in den Diensträumen Rundfunksendungen zu hören, regelt lediglich das allgemeine Verhalten der Beschäftigten innerhalb der Dienststelle und ihr Verhalten bei der Tätigkeit. Die Dienstausübung selbst ist dadurch regelmäßig nicht berührt, weil der Beschäftigte bereits aus seinem Dienstverhältnis oder Arbeitsverhältnis verpflichtet ist, die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben konzentriert und sorgfältig zu erledigen und sich während der Arbeit nicht durch das Hören von Rundfunksendungen ablenken zu lassen. Soweit durch den Betrieb des Rundfunkgeräts andere Beschäftigte an der ordnungsgemäßen Erfüllung der dienstlichen Aufgaben gehindert werden, ist offensichtlich das Zusammenwirken der Beschäftigten in der Dienststelle und damit die Ordnung der Dienststelle beeinträchtigt, so dass insoweit eine Regelung des Dienststellenleiters im Einvernehmen mit der Personalvertretung geboten ist (BVerwG 6. Senat Beschluss vom 30. Dezember 1987, Az: 6 P 20/82; BAG vom 14.1.86 - 1 ABR 75/83, DB 86, 1025).
39 Der Personalrat hat gemäß (§ 65 Abs. 1 Nr. 12 und § 69 Nr. 2 PersVG LSA) mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber Arbeitnehmer anweist, sich in einem Kundenbetrieb der dort eingerichteten biometrischen Zugangskontrolle (Fingerabdruckerfassung) zu unterziehen (BAG 1. Senat Beschluss vom 27. Januar 2004, Az: 1 ABR 7/03).
40 Ob eine Anordnung das nach § 65 Abs. 1 Nr. 12 PersVG LSA mitbestimmungspflichtige Ordnungsverhalten oder das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten betrifft, beurteilt sich nicht nach den subjektiven Vorstellungen, die den Arbeitgeber zu der Maßnahme bewogen haben. Entscheidend ist der objektive Regelungszweck, der sich nach dem Inhalt der Maßnahme und der Art des zu beeinflussenden betrieblichen Geschehens bestimmt. Eine das Ordnungsverhalten betreffende Maßnahme wird nicht dadurch mitbestimmungsfrei, dass sie einen Randbereich des Arbeitsverhaltens berührt (Mitbestimmung bejaht bei der Einführung von Namensschildern für Fahrpersonal - BAG 1. Senat Beschluss vom 11. Juni 2002, Az: 1 ABR 46/01).
41 Keine Mitbestimmung bei Schaltertests durch Drittunternehmen. Läßt eine Sparkasse ohne Kenntnis der Arbeitnehmer durch ein anderes Unternehmen Tests zur Überprüfung der Beratungsqualität an zufällig ausgewählten Schaltern durchführen, wobei die Arbeitgeberin die Ergebnisse nicht mit einzelnen Arbeitnehmern oder Gruppen von Arbeitnehmern in Verbindung bringen kann, so hat der Betriebsrat weder nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 ( § 65 Abs. 1 Nr. 12 PersVG LSA) oder Nr. 6 BetrVG noch nach § 94 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht (BAG 1. Senat Beschluss vom 18. April 2000, Az: 1 ABR 22/99).
42 Nr. 13: Nr. 13 steht in enger Beziehung zur Beteiligung des Personalrats bei der Unfallverhütung, § 59. Während der Personalrat nach § 59 eine Überwachungsfunktion hat, steht ihm nach Nr. 13 ein volles Mitbestimmungsrecht bei Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen zu. Allerdings steht das Mitbestimmungsrecht unter dem Gesetz- und Tarifvorbehalt. Die Arbeitsschutzvorschriften wie das Arbeitsschutzgesetz, das Arbeitssicherheitsgesetz, die Gewerbeordnung, die Arbeitsstättenverordnung vom 20.3.75 (BGBl. I S. 729) und die Arbeitsstättenrichtlinien gelten auch im öffentlichen Dienst. Soweit also eine abschließende gesetzliche Regelung besteht, greift die Überwachungsaufgabe des § 59, wird über die gesetzliche Bestimmungen hinaus etwas unternommen oder lässt die gesetzliche Regelung Abweichungen zu, unterfallen solche Maßnahmen der Mitbestimmung des § 65. Dem Personalrat steht gem. § 61 Abs. 4 das Initiativrecht zu, d.h. er kann Maßnahmen in Sinne der Nr. 13 bei der Dienststelle beantragen. Hier kann der Personalrat alle Maßnahmen, die geeignet sind, insbesondere Dienst- und Arbeitsunfälle zu vermeiden, vorschlagen. Das Mitbestimmungsrecht umfasst allgemeine Regelungen und Anweisungen, aber auch Einzelregelungen, die der Verhütung von Dienst - und Arbeitsunfällen sowie sonstigen Gesundheitsschädigungen dienen (BVerwG vom 25.6.86 - 6 P 18.84, PersR 86, 235). Der Personalrat kann Arbeitsschutzprogramme bei der Dienststellenleitung beantragen. Im Rahmen bestehender abschließender gesetzlicher oder tariflicher Regelungen erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht auf Art und Umfang und Vollzug der Maßnahme (Altvater u.a., § 75 BPersVG Rn. 62; Cecior u.a., § 72 LPVG NW Rn. 406). Bei Streitfällen entscheidet die Einigungsstelle nach § 62 Abs. 5 Satz 2 mit bindender Wirkung.
Mitbestimmungspflichtig sind alle Gesundheitsmaßnahmen in der Dienststelle. Davon umfasst sind sowohl die Einführung als auch die Aufhebung dieser Maßnahmen. Insoweit ist auch die besondere Verpflichtung aus § 59 zu beachten.
43 Nr. 14: Dieses Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf die Mitbestimmung des Personalrates zur Abwendung, Milderung oder zum Ausgleich der dargestellten Belastungen. Dem Personalrat wird also keine Mitbestimmung zur eventuellen Aufhebung der die Belastung auslösenden Maßnahme zugesprochen. Hier kann er nur über die allgemeine Überwachungsrechte nach § 57 die Einhaltung der gesetzlichen und tariflichen Vorschriften verlangen. Sind diese nicht verletzt, kann das Mitbestimmungsrecht nur bei Vorliegen von besonderen Belastungen greifen.
Das Gesetz verlangt besondere Belastungen für die Beschäftigten. Damit ist nicht schon jede unbequeme Veränderung des bisherigen Dienstbetriebes gemeint. Vielmehr muss es sich um Belastungen von einer Intensität handeln, die nicht alltäglich bzw. üblicherweise mit der geschuldeten Tätigkeit bzw. dem Amt verbunden sind. Diese besonderen Belastungen müssen sich aus bestimmtem Gründen ergeben.
44 Mit der Einführung der neuen Arbeitsmethoden muss eine bislang in der Dienststelle nicht angewandte Arbeitsweise verbunden sein (vgl. § 69). Es ist nicht erforderlich, dass die Arbeitsmethode im Arbeitsleben völlig neu ist. Das Mitbestimmungsrecht bei der Einführung einer grundlegend neuen Arbeitsmethode setzt nicht voraus, dass diese Methode für den Bereich der Dienststelle insgesamt eingeführt wird. Abzustellen ist auf die tatsächliche Betroffenheit derjenigen Beschäftigten, die die neue Arbeitsmethode anzuwenden haben (BVerwG 6. Senat Beschluss vom 27. November 1991, Az: 6 P 7/90).
Die Einführung von Mehrplatz-Textsystemen für die Beschäftigten in den Fernmeldeämtern (BVerwG 6. Senat Beschluß vom 27. November 1991, Az: 6 P 7/90 war z.B. eine neue Arbeitsmethode.
Keine neue Arbeitsmethode ist die technische Anpassung bereits bestehender Einrichtungen an den jeweiligen Stand der technischen Entwicklung, so z.B. bei in der Dienststelle verwendeten PC’s oder die Aufstellung von elektronischen Recheneinrichtungen mit Bildschirmanzeige in einem Hochschulinstitut, welche die Benutzung der Großrechenanlage der Hochschule erleichtert oder nicht mehr erforderlich macht.
45 Für eine "Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung" kommt es in der Regel auf die Zielgerichtetheit der Maßnahme an; der Arbeitgeber muss die Hebung der Arbeitsleistung bezwecken. Hierunter fallen vor allem technische Rationalisierungsmaßnahmen. Nur ausnahmsweise erfasst die Mitbestimmung Maßnahmen, bei denen eine derartige Zielrichtung mangels entsprechender Absichtserklärung nicht ohne weiteres feststellbar ist. Der Mitbestimmungstatbestand liegt auch dann vor, wenn unbeschadet sonstiger Absichten die Hebung zwangsläufig und für die Betroffenen unausweichlich (mittelbar) damit verbunden ist, das Arbeitsergebnis zu erhöhen. Von einer solchen Unausweichlichkeit ist dann nicht auszugehen, wenn eine Kompensation an anderer Stelle etwa in der Weise in Betracht kommt, dass eine Verringerung anderer Tätigkeiten oder eine Verminderung der Arbeitsgüte anheim gestellt wird. Dies kann - abhängig von den Gesamtumständen - auch stillschweigend geschehen, insbesondere dann, wenn den betroffenen Beschäftigten eine eigenverantwortliche Arbeitsgestaltung zugestanden ist (BVerwG 6. Senat Beschluss vom 2. Juni 2005, Az: 6 PB 2/05).
46 Beispiele: Die Erhöhung der Pflichtstundenzahl für Lehrer ist als Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung mitbestimmungspflichtig (BVerwG 6. Senat Beschluss vom 1. September 2004, Az: 6 P 3/04; BVerwG 6. Senat Beschluss vom 28. Dezember 1998, Az: 6 P 1/97).
Die Anordnung des Leiters eines Klinikums, durch welche den ärztlichen Mitarbeitern die Dokumentation und Verschlüsselung von Diagnosen und Prozeduren nach neuen Verschlüsselungskatalogen und -richtlinien auferlegt wurde, ist eine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung. Das Mitbestimmungsrecht ist nicht mit Blick auf § 301 SGB V und Nr. 3 SR 2 c BAT aufgrund des Gesetzes- und Tarifvorrangs ausgeschlossen.
Der Mitbestimmungstatbestand "Hebung der Arbeitsleistung" erfasst nicht die Anordnung von Überstunden (BVerwG 6. Senat Beschluss vom 23. Januar 1996, Az: 6 P 54/93).
47 "Maßnahmen zur Erleichterung des Arbeitsablaufs" erfassen nicht nur ständig wiederkehrende Arbeitsvorgänge. Auch die Erleichterung solcher Arbeitsvorgänge, die nur gelegentlich vorkommen, löst das Mitbestimmungsrecht des Personalrats aus, wenn sie als Teil des für den Funktionsbereich eines oder mehrerer Beschäftigter typischen Arbeitsablaufs anzusehen sind. Verrichtungen, die nur sehr selten - etwa monatlich nur wenige Male - anfallen, sind jedoch für die von dem Beschäftigten zu leistende Arbeit nicht typisch (BVerwG 6. Senat Beschluss vom 14. März 1986, Az: 6 P 10/83).
48 Abs. 1 Satz 2: Das Mitbestimmungsrecht in Abs. 1 Nr.2 erfährt in Satz 2 eine Einschränkung. Der Personalrat hat kein Mitbestimmungsrecht bei der Anordnung von Mehrarbeit oder Überstunden, wenn deren Notwenigkeit nicht vorauszusehen war. Es muss jedoch eine unverzügliche Unterrichtung stattfinden.
Das Mitbestimmungsrecht ist damit bei unvorhergesehenen Notfällen suspendiert. Für die Unterrichtung des Personalrates gilt der Maßstab des § 57 Abs. 2
Absatz 2
49 Abs. 2: stellt eine weitere Sonderreglung für Beschäftigte dar, deren Arbeitszeit unregelmäßig und kurzfristig festgesetzt werden muss. Insoweit ist die Mitbestimmung auf die Grundsätze für die Aufstellung der Dienstpläne beschränkt.
Dieses ist insbesondere in solchen Bereichen der Fall, wo rund um die Uhr bzw. in Wechselschichtsystemen gearbeitet wird oder wo infolge von Störungen, Ausfällen oder kurzfristiger Notwendigkeit von Einsätzen die tägliche Arbeitszeit nicht im Voraus geplant werden kann. Der Personalrat kann bei den Grundsätzen vor allem Gerechtigkeitsgesichtpunkte, Schutz der Familie oder Gesundheits- und Arbeitssicherheitsgesichtpunkte sowie die Einhaltung der tariflichen und gesetzlichen Arbeitszeitvorschriften überwachen. |
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