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Gesetzestext |
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§ 69 Mitbestimmung in Rationalisierungs-, Technologie- und Organisationsangelegenheiten |
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Der Personalrat bestimmt, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mit:
1. Einführung, Anwendung, wesentliche Änderung oder wesentliche Erweiterung von automatisierten Verfahren zur Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten der Angehörigen der Dienststelle außerhalb von Besoldungs-, Vergütungs-, Lohn und Versorgungsleistungen,
2. Einführung, Anwendung, wesentliche Änderung oder wesentliche Erweiterung von technischen Einrichtungen, die geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Angehörigen der Dienststelle zu überwachen,
3. Einführung, wesentliche Änderung oder wesentliche Ausweitung neuer Arbeitsmethoden, insbesondere Maßnahmen der technischen Rationalisierung,
4. Auslagerung von Arbeitsplätzen zwecks Heimarbeit an technischen Geräten,
5. Maßnahmen zur Änderung der Arbeitsorganisation, soweit sie nicht von Nummer 3 erfasst sind,
6. Einführung oder wesentliche Änderung betrieblicher Informations- und Kommunikationsnetze,
7. Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung nach dem Arbeitsförderungsgesetz,
8. Auflösung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststellen oder wesentlichen Teilen von ihnen. |
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Kommentierung durch persVG.de |
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Vergleichbare Vorschriften: §§ 75 Abs. 3 Nrn. 16,17; 76 Abs. 2 Nrn. 5, 7; 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG
Erläuterung:
1 § 69 enthält wesentliche Mitbestimmungstatbestände in Organisations-, Rationalisierungs- und Technologieangelegenheiten. Änderungen in diesen Bereichen haben oft Auswirkungen auf die betroffenen Beschäftigten, die wiederum Mitbestimmungsrechte nach §§ 66, 67 wie Versetzung, Umsetzung, Herabgruppierung auslösen können. Im Nichteinigungsfall endete das Mitbestimmungsverfahren schon immer mit einer Empfehlung der Einigungsstelle und der abschließenden Entscheidung der Dienststellenleitung (§ 104 BPersVG). Das Mitbestimmungsrecht steht unter dem Gesetzes- und Tarifvorbehalt. Als einschlägiges Gesetz kommt das Datenschutzgesetz in Betracht, wenn es um die Verarbeitung personenbezogener Daten geht. Häufig entscheidet in Organisationsangelegenheiten die Landesregierung, so dass die Mitbestimmung ausgeschlossen wird (§ 61 Abs. 2).
Als Tarifverträge kommen z.B. Rationalisierungsschutztarifverträge in Betracht.
2 (Nr. 1) Sobald es um personenbezogene Daten der Angehörigen der Dienststelle geht, ist der Personalrat zu beteiligen. Der Begriff "Angehörige" der Dienststelle geht weiter als der Beschäftigtenbegriff des § 4. Das Mitbestimmungsrecht besteht auch dann, wenn Beschäftigte betroffen sind, die ansonsten nicht unter den persönlichen Geltungsbereich des Gesetzes fallen, so die in § 99 Abs. 1 Genannten.
3 Es muss sich um automatisierte Verfahren handeln. Das ist immer dann der Fall, wenn ein Teil des Verfahrens maschinell abläuft, also ohne direkte Bearbeitung durch einen Menschen. Nach dem heutigen Stand der Technik sind dies fast ausschließlich Computersysteme, bestehend aus Hard- und Software. Bei beidem hat der Personalrat mitzubestimmen.
4 Das Verfahren muss der Erhebung, der Verarbeitung oder Nutzung der Daten dienen. Das Verfahren muss für diese Zwecke eingeführt sein. Wenn ein anderer Zweck vorliegt, aber auch Daten anfallen und gespeichert werden, greift unter Umständen Nr. 2. Erhebung ist die erstmalige Sammlung von Daten. Diese Erhebung muss automatisiert erfolgen. Letztlich kommt hier nur eine direkte Eingabe in ein Datenerfassungsgerät in Betracht. Aber auch die Verarbeitung ist mitbestimmungspflichtig. Darunter fällt die Bearbeitung von Daten, die zuvor anders gesammelt worden sind, z.B. durch Erfassungsbögen oder bereits in anderer Form vorlagen und in ein EDV-System eingegeben werden. Unter Nutzung personenbezogener Daten ist die Auswertung eingegebener Daten zu verstehen oder die Erteilung der Berechtigung zur Einsicht in Datenbestände an bestimmte Beschäftigte oder Beschäftigtengruppen. Der Personalrat hat nicht nur darüber mitzubestimmen, ob eine Nutzung der Daten erfolgen kann, sondern auch welche Auswertungen vorgenommen werden dürfen.
5 Der Personalrat hat bei der Einführung solcher automatisierter Verfahren mitzubestimmen. Einführung ist die erstmalige Anwendung in der Dienststelle. Unter Anwendung ist der Fall zu verstehen, dass die Technik für ein solches Verfahren in der Dienststelle bereits vorhanden ist, nun aber für die automatisierte Datenverarbeitung genutzt werden soll. Eine wesentliche Änderung liegt z.B. dann vor, wenn die Technik ausgetauscht wird oder eine neue Software eingesetzt wird. Die reine Pflege vorhandener Software durch Updates, die keinen zusätzlichen Funktionen beinhalten, ist dagegen keine wesentliche Änderung. Eine wesentliche Erweiterung ist liegt sowohl in der Anschaffung zusätzlicher Technik als auch zusätzlicher Funktionen einer Software.
6 Nicht unter Nr. 1 fallen Verfahren, die Entgelt- oder Versorgungsleistungen dienen. Hierunter fallen Verfahren in den Bezügestellen selbst, aber auch Verfahren, die der Zuarbeit zur Bezügerechnung, z.B. zur Ermittlung der Zuschläge, in den einzelnen Dienststellen dienen.
7 (Nr. 2) Nr. 2 betrifft technische Kontrolleinrichtungen. Dabei muss die Technik nicht zweckgerichtet zur Kontrolle angeschafft oder eingesetzt sein, sie muss lediglich dazu geeignet sein. Darunter fallen grundsätzlich alle technischen Einrichtungen, an denen Beschäftigte Tätigkeiten erbringen und die über Speichermöglichkeiten verfügen. Dabei ist ausreichend, dass das technische Gerät die Daten speichert, die Auswertung und damit Kontrolle kann auch manuell erfolgen. (Altvater u.a., § 75 Rz 79b). Eine technische Kontrolleinrichtung ist aber auch anzunehmen, wenn die Daten zunächst manuell erfasst werden und anschließend erst eingegeben werden (BVerwG v. 16.12.1987 - 6 P 32.84 -, PerR 88, 51).
Technische Kontrolleinrichtung in Sinne der Nr. sind z.B.:
- Zeiterfassungssysteme
- Telefonanlagen
- Zugangskontrollsysteme
- Einzelarbeitsplatzcomputer
- Netzwerkcomputer
- Personalinformationssysteme
- Kosten-Leistung-Rechnungs-Software
Nicht unter Nr. 2 fallen die Einrichtung von Teleheimarbeitsplätzen (Nr. 4), die Einführung von Intra- und Internet (Nr. 6).
Keine technische Kontrolleinrichtung liegt vor, wenn der Einsatz gesetzlich vorgeschrieben ist, z.B. Fahrtenschreiber im Omnibus oder wenn lediglich Maschinenlaufzeiten erfasst werden (Altvater u.a., § 75 Rz. 85).
8 Der Mitbestimmung unterliegt die Einführung, Anwendung, wesentliche Änderung oder wesentliche Erweiterung (siehe hierzu Rn. 5).
9 (Nr. 3) Werden neue Arbeitsmethoden eingeführt, unterliegt dies der Mitbestimmung. Unter Arbeitsmethoden sind Regeln zu verstehen, die die Ausführung des Arbeitsablaufs betreffen und bestimmen, in welcher Art und Weise durch welche Beschäftigte Aufgaben erfüllt werden sollen (BVerwG, B. v. 30.8.1985 - 6 P 20.83 - PersR 85, 184). Dabei ist nicht erforderlich, dass es sich um eine für die Dienststelle insgesamt neue Arbeitsmethode handelt. Abzustellen ist auf die betroffenen Beschäftigten, die die neue Arbeitsmethode anwenden sollen. Auch die Erprobung einer neuen Arbeitsmethode ist mitbestimmungspflichtig (BVerwG v. 7.2.1980 - 6 P 35.78 - PersV 80, 238). Nicht nur die Einführung, sondern auch die wesentliche Änderung neuer Arbeitsmethoden ist mitbestimmungspflichtig. Wie eine neue Arbeitsmethode gleichzeitig wesentlich geändert werden kann, ist allerdings kaum ersichtlich, deshalb ist auch die wesentliche Änderung "alter" Arbeitsmethoden mitbestimmungspflichtig. Die wesentliche Ausweitung neuer Arbeitsmethoden betrifft die Übertragung einer Arbeitsmethode auf andere Bereiche einer Dienststelle.
Nr. 3 benennt insbesondere Maßnahmen der technischen Rationalisierung. Unter Rationalisierung ist die Verdichtung von Arbeit und deren Intensivierung durch Technikeinsatz zu verstehen. Das können auch technische Anlagen sein, die zu einer körperlichen Entlastung führen, Beispiele:
- Kran- oder Hebewerkzeuge
- Sortieranlagen in der Abfallentsorgung
- LKW, die zu einer Reduzierung der Besatzung führen
10 (Nr. 4) Unter einem Heimarbeitsplatz ist ein Arbeitsplatz in der Wohnung des Beschäftigten zu verstehen, an dem dieser an technischen Geräten arbeitet. Hierunter fällt die Einrichtung von sog. Teleheimarbeitsplätzen. Die Beschäftigten erhalten die Arbeitsaufträge von den Vorgesetzten in der Dienststelle, erbringen ihre Arbeit in der Wohnung und bringen die Arbeitsergebnisse zur Dienststelle. Die Übermittlung kann durch persönliches Überbringen aber auch durch Versenden über Datenleitungen erfolgen. Nach dem Wortlaut muss es sich um die Auslagerung von Arbeitsplätzen handeln, dass heißt, der Arbeitsplatz muss vorher schon vorhanden gewesen sein. Es kommt aber nur auf den Arbeitsplatz an, nicht auf den Beschäftigten. Auch wenn ein Beschäftigter neu eingestellt wird und ihm ein Heimarbeitsplatz eingerichtet wird, greift das Mitbestimmungsrecht. Aufgrund der neuen Kommunikationstechniken ist eine weitaus größere Zahl von Arbeitsplätzen leichter auszulagern. Das Mitbestimmungsrecht hat auch den Sinn, einer Isolierung der Beschäftigten von der Dienststelle entgegenzuwirken. Der Personalrat kann im Wege des Initiativrechts auch verlangen, dass ein ausgelagerter Arbeitsplatz wieder in die Dienststelle zurückverlagert wird.
11 (Nr. 5) Nr. 5 ist ein Auffangtatbestand, der jede Änderung der Arbeitsorganisation erfasst, wenn sie nicht technischer Natur ist. Unter Arbeitsorganisation ist die Ablauforganisation zu verstehen, also die Art und Weise wie die Aufgabenerfüllung zu erledigen ist. Ein Geschäftsverteilungsplan kann die Ablauforganisation betreffen, wenn Zuständigkeiten geändert werden. Im Gegensatz dazu steht die Aufbauorganisation, mit der die Struktur der Dienststelle bestimmt wird. Die Einrichtung oder Auflösung z.B. von Abteilungen oder Sachgebieten betrifft die Aufbauorganisation. Während es bei Nr. 3 um die um die konkreten Mittel zur Erbringung der Arbeit geht, behandelt Nr. 5 das "Umfeld", in dem die Arbeitsleistung zu erbringen ist.
12 (Nr. 6) Die Einführung und wesentliche Änderung von betrieblichen Informations- und Kommunikationsnetzen betrifft insbesondere das Intranet, E-Mail-Systeme und den Zugang zum Internet. Dabei kommt es nicht darauf an, wie viel Beschäftigte Zugang zu den Netzen erhalten, es kommt auf die technischen Anlagen an. Unter Einführung ist die erstmalige Einrichtung zu verstehen. Wesentliche Änderungen können die Technik aber auch die Software betreffen. Bei der Arbeit an solchen Netzen besteht eine umfassende Überwachungsmöglichkeit der Beschäftigten. Jeder Zugriff auf Dateien, jeder Aufruf einer Intra- oder Internetseite wird protokolliert, E-Mails können von Administratoren und eventuell anderen kontrolliert und gelesen werden. Aufgabe des Personalrats ist insbesondere die Gewährleistung des Datenschutzes und die Begrenzung der Überwachung und Leistungskontrolle.
13 (Nr. 7) Bei der Nr. 7 geht es nicht um die Beschäftigung von Arbeitnehmern in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Dies fällt als Einstellung unter § 67 Abs. 1 Nr. 1. Es geht um die Frage, ob überhaupt Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung in der Dienststelle durchgeführt werden. Arbeitsbeschaffungmaßnahmen sind in den §§ 260ff SGB III geregelt. Bei solchen Maßnahmen besteht die Gefahr, dass reguläre Beschäftigung durch solche geförderte Maßnahmen verdrängt wird, in denen es nur befristete Beschäftigungsverhältnisse gibt. Fraglich ist, ob die im SGB II enthaltene Möglichkeit der Durchführung von sog. 1-Euro-Job-Maßnahmen unter Nr. 7 fällt. Das wird zu verneinen sein. Der Begriff der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme war früher im AFG und ist heute im SGB III enthalten. Demgegenüber geht es bei den 1-Euro-Job-Maßnahmen um sog. Arbeitsgelegenheiten, § 16 SGB II (s. zum Ganzen § 67 Abs. 1 Nr. 1).
14 (Nr. 8) Von Maßnahmen im Sinne der Nr. 8 können Beschäftigte besonders stark betroffen sein. Solche Dienststellenänderungen können zu Versetzungen oder Umsetzungen mit Dienstortwechsel, sie können aber auch das betriebliche Erfordernis für eine betriebsbedingte Kündigung oder Änderungskündigung darstellen. Betroffen sein muss entweder die gesamte Dienststelle oder ein wesentlicher Teil einer Dienststelle. Ein wesentlicher Teil einer Dienststelle liegt dann vor, wenn er ein abgegrenzter Teil der Dienststelle ist und entweder ein erheblichen Teil der Beschäftigten darin tätig ist oder er innerhalb der Gesamtdienststelle von wesentlicher Bedeutung ist (zu eng BVerwG v. 30.9.1987 - 6 P 19.85 -, PersR 88, 70). Die Änderung des wesentlichen Teils einer Dienststelle muss nicht zu einer anderen Dienststelle führen. Unter Auflösung einer Dienststelle ist deren Aufhebung zu verstehen. Mit dem Datum der Auflösung ist die Dienststelle nicht mehr existent. Keine Auflösung ist die Verlagerung der Zuständigkeit von einem Ministerium zu einem anderen. In diesem Fall bleibt die Dienststelle bestehen. Eine Einschränkung liegt dann vor, wenn die Dienststelle erhalten bleibt, aber nicht mehr alle Leistungen erbracht werden oder die räumliche oder sachliche Zuständigkeit verkleinert wird. Auch ein reiner Personalabbau kann zu einer Einschränkung führen. Bei einer Verlegung wird der Sitz der Dienststelle verlegt. Dabei reichen unwesentliche Verlagerungen wie der Umzug innerhalb eines Dienstgebäudes oder von einer auf die andere Straßenseite nicht aus. Andererseits ist aber auch nicht erforderlich, dass eine Verlegung in eine andere politische Gemeinde erfolgt wie es bei einer Umsetzung nach § 67 Abs. 1 Nr. 5 gefordert wird. Unter Zusammenlegung ist die Zusammenfügung von zwei oder mehr Dienststellen oder Dienststellenteilen zu verstehen, durch die eine oder mehrere neue Dienststellen entstehen. |
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